„Weißt du noch, als wir alle Mehl, Nudeln und Klopapier gekauft haben?“ So oder ähnlich könnten unsere Zeitzeugenberichte zu der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 in einigen Jahren beginnen. Wir alle wissen, dass mit der Zeit die Erinnerungen mehr und mehr verblassen und mit ihr die Geschichte der Corona-Krise, die auch unsere Heimat zu erzählen vermag.
Durch sie wurde in kürzester Zeit unser aller Leben, das Leben unterschiedlicher Generationen, der Schülerinnen und Schüler, ihrer Eltern und natürlich der Großeltern völlig auf den Kopf gestellt. Wir alle erahnen die Tragweite der Pandemie, deren Folgen wir in Gänze dennoch nicht abschätzen können. Über die Erfahrungen, Gefühle, Ängste, Wünsche, Hoffnungen in dieser herausfordernden Zeit können wir sprechen oder diese schriftlich fixieren.
Um die Überlieferung für den Landkreis Kelheim aus Sicht der hiesigen Zeitzeugen zu sichern, lag es nahe, sich mit dem schon bestehenden landeskundlichen Kooperationsverbund genau dieser Aufgabe zu verschreiben. Gemeinsam galt es Geschichte (miteinander) zu schreiben, zu filmen und damit für spätere Generationen festzuhalten. Die an das Museumspädagogische Zentrum in München teilabgeordnete Lehrkraft Michaela Mallmann vom Donau-Gymnasium Kelheim, Dr. Wolf-Heinrich Kulke vom Stadtarchiv Kelheim, Dr. Bernd Sorcan vom Archäologischen Museum Kelheim, Veronika Leikauf vom Stadtmuseum Abensberg und Dr. Gudrun Weida von der DOLINA Gesellschaft für Landeskunde e. V. entwickelten gemeinsam mit der Mittelbayerischen Zeitung ein Konzept, das unterschiedliche Altersgruppen, Jung und Alt, zu Wort kommen lässt und das Zeitzeugenprojekt einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht. Die Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Jahrgangsstufen des Gymnasiums, Vereinsmitglieder der DOLINA sowie einfach am aktuellen Geschehen Interessierte verfassen Texte, filmen ihre Aussagen und sind Urheber von zeitgenössischen historischen Quellen, die das Leben in der Corona-Krise im Landkreis Kelheim dokumentieren. Im Archiv werden diese dann von Dr. Wolf-Heinrich Kulke gesammelt und aufbewahrt. Damit gelingt es, ein multiperspektivisches Bild der Zeit zu zeichnen und den späteren Lesern der Berichte einen umfassenden Einblick in ihr Geschehen und ihre Herausforderungen zu gewähren. Veronika Leikauf mit dem Stadtmuseum Abensberg und Dr. Bernd Sorcan mit dem Archäologischen Museum Kelheim werden durch Online-Veröffentlichung der personen- und objektbezogenen Zeitzeugenberichte auf ihren medialen Kanälen wie Facebook und Instagram diese Interessierten zugänglich machen. So werden alle durch ein Ausstellungskonzept, das keine geltenden Abstandsregeln verletzt, das auch bei geschlossenen Museen umzusetzen ist, zum gemeinsamen Austausch und zum gemeinsamen Nachdenken über diese besondere Zeit eingeladen. Ziel ist, an den Erfahrungen der anderen teilhaben zu können und ihre Erzählungen als Gesprächsanlass zu nutzen, um miteinander in den konstruktiven Diskurs über das Zeitgeschehen zu treten. Gleichzeitig druckt die Mittelbayerische Zeitung ausgewählte Berichte ab und öffnet das Kooperationsprojekt einer breiten Öffentlichkeit. Das Haus der Bayerischen Geschichte (HdBG) hatte ebenfalls im April die Schülerinnen und Schüler des Donau-Gymnasiums aufgefordert: „Macht mit und werdet Zeitzeugen!“ Und da lag es nahe, dass manche Gymnasiasten neben der Teilnahme am Zeitzeugenprojekt an der Schule zudem einen kleinen Film drehten, den das HdBG in sein Archiv der Zukunft einzuspeisen gedenkt. Auch diese seit Jahren bestehende gewinnbringende Kooperation konnte in der Pandemie fortgesetzt werden.
Das Konzept für die Berichterstattung der Schulkinder wurde tatsächlich im Deutsch-Online-Unterricht mit der Klasse 7b des Donau-Gymnasiums gemeinsam mit der Lehrerin Michaela Mallmann entwickelt. Die jungen Zeitzeugen legten für sich fest, dass die Berichte gegenstands- oder personenbezogen als historisches Dokument mit dem Satz „In der Corona-Zeit ist mir …. besonders wichtig“ begonnen werden. Tischtennisplatte, Tablet, Trampolin, Buch, Spielesammlung etc. wurden als Schreib- und Filmanlässe genutzt, um sich selbst in seiner eigenen Geschichtlichkeit zu beschreiben und zu begreifen. Am Ende, so das Anliegen der Kinder, sollte etwas Positives stehen: Ein Wunsch für die Zukunft oder persönliche Pläne für die Post-Corona-Zeit werden deshalb ihren Platz in der für alle belastenden Pandemiezeit finden. Erneut gelingt hoffentlich ein Kooperationsprojekt, welches von der Pandemie in der Heimat zu erzählen vermag: Denn wir schreiben Geschichte.
Michaela Mallmann