Johann Schwarzfischer im Atelier
Johann Schwarzfischer im Atelier

Das Leben ist eine endliche Summe unendlich vieler Augenblicke. Vor der Erfindung hochpräziser Zeitmessinstrumente war der Augenblick die kürzeste denkbare und somit erlebbare Zeitspanne, definiert durch den Blick des Auges. Somit verbinden sich im Augenblick zwei nicht kongruente Systeme: die Zeit und das Bild. Johann Schwarzfischer bildet seine Augenblicke ab. Der Plural ist berechtigt, ist es doch immer eine Reihe von Augenblicken, die teilweise offen, manchmal subtil über- oder nebeneinander gelegt werden.

Die Ausstellung „Meine Augenblicke“ gewährt einen stichpunktartigen Einblick in das gesamte Oeuvre Johann Schwarzfischers. Es werden Werke aus allen seinen Schaffensphasen gezeigt. Insbesondere steht die Ausstellung am Anfang eines neuen kreativen Lebensabschnitts des Künstlers: Zum ersten Mal stellt Johann Schwarzfischer seine fotografischen Arbeiten der Öffentlichkeit vor.

Maler

Zu Beginn seines Schaffens gewährt Schwarzfischer dem Betrachter auf großformatiger Leinwand einen verklärenden Einblick in die „rustikale Wunderkammern“ der Scheunen und Speicher. Die Anmutung dieser Sammelsurien, der abgelegten, auf eine neue Verwendung wartenden Objekte mahnt den Betrachter im Sinne eines barocken Memento Mori.

In seiner zweiten Schaffensphase löst sich Schwarzfischer von räumlichen Zwängen. Es kehrt Ordnung und Ruhe ein. Den Protagonisten seiner Dingwelten – Geräte, Räder, Textilien und ein gelber Eimer – bleibt Schwarzfischer treu. Deren Formen werden in der dritten Schaffensphase abstrahiert und beziehen die Form der Leinwand mit ein (Shaped Canvas). Anstatt einer Auflösung in reiner Geometrie, manifestiert sich, neben den bereits bekannten Formen, der Resischmelz-Eimer, als Leitmotiv. Dieser wird in der vierten Werkphase transluzent und in Schnitten gestapelt, farblich und perspektivisch durchdekliniert. Gleichzeitig tauchen verhüllende Textilien auf und Schattenspiele transformieren zu grotesken menschlichen Silhouetten. Dies ist die Einleitung zu einem Bruch in Schwarzfischers Malerei, in dem der Mensch vordergründig bis dato keine Rolle spielte und lediglich als mittelbarer Urheber der dargestellten Dingwelten in Erscheinung trat.

Bilderformer

In dieser fünften Werkphase bildet der Eimer ein Gesicht aus und zahlreiche Kopffüßler bevölkern die Werke. Schwarzfischer bringt Vliese und andere Materialien auf die Leinwand auf und führt damit den mit den Shaped Canvases beschrittenen Weg der Modifizierung seines Malgrundes fort. Er wird vom Maler zum Bilderformer. Zudem gelangen Malerrollen zum Einsatz, wie sie in der Vergangenheit zur Dekoration von Wänden verwandt wurden. In der sechsten Werkphase verselbstständigen sich sowohl die Formen dieser Rollen als auch das Werkzeug. Sie drängen in den Vordergrund, werden in Einzelteile zerlegt und rekombiniert. In einem aufwändigen Prozess werden abgeformte Objektzitate und Textilien auf monochrome Malflächen appliziert und gleichsam damit conchiert. Inhaltlich setzt sich Schwarzfischer noch mit den bereits bekannten Dingwelten auseinander, allerdings beschäftigt ihn nun verstärkt die Menschenwelt. Diese Schaffensphase zeugt von einem gereiften Menschen, der seine künstlerische Ausdruckskraft zu klassischer Vollendung gebracht hat. Anstelle nun an diesem Punkt zu verharren widmet sich Johann Schwarzfischer in jüngster Zeit der Fotografie. Obwohl sich die aktuellen Werke formal und methodisch radikal vom bisherigen Werk absetzen, sind sie inhaltlich eine logische Weiterentwicklung. Die Dingwelten sind ebenso präsent wie die Menschenwelt und wieder werden Augenblicke festgehalten, die in ihrer Vergänglichkeit einzigartig sind.

Vita

  • 1956 in Asbach (Opf.) geboren
  • 1976 Abitur in Regensburg
  • 1997 – 83 Studium an der Akademie der Bildenden Künste, München bei Prof. Horst Sauerbruch und Prof. Rudi Tröger; anschließend Meisterschüler bei Prof. Tröger
  • 1983 Diplom der Freien Malerei und Salzburgstipendium
  • 1986 Staatlicher Föderpreis für Malerei des Freistaates Bayern
  • 1998 Kulturförderpreis Ostbayern
  • seit 1979 Einzel- und Gruppenausstellungen sowie regelmäßige Teilnahme an der Großen Kunstausstellung, Haus der Kunst, München und der Großen Ostbayerischen Kunstausstellung, Regensburg
  • seit 1979 Mitglied der Neuen Münchner Künstlergenossenschaft
  • seit 1985 Mitglied des Berufsverbandes Bildender Künstler, Niederbayern/Oberpfalz