
„Dahoam is da wo´s Gfühl is!“ (Zitat aus der Serie „Irgendwie und Sowieso“, 1986)
Was ist Heimat? Eine kurze und dennoch verzwickte Frage. Mal ist Heimat ein Ort, einmal ein Gegenstand und selbst das Quacken eines Frosches kann in einem Menschen heimatliche Gefühle auslösen.
In der deutschen Sprache existiert – im Gegensatz zu vielen anderen – ein kurzes Wort, das Großes umfasst und Vieles bedeuten kann, das lange Jahre wegen seines Missbrauchs und revanchistischer Parolen verdammt wurde, heute aber neu bewertet und wieder gefragt ist: Heimat.
Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war Heimat ein nüchterner Begriff, welcher im juristischen und geographischen Sinne gebraucht wurde. Aventinus schreibt „Abensperg, in alten Briefen lyse ich Aventberg, dise stat ist mein haimat“. Er meinte damit, dass Abensberg sein Wohnsitz ist, nicht mehr und nicht weniger.
Heute hingegen ist Heimat ein stark emotionalisierter Begriff. Dies nahm seinen Ausgangspunkt im 19. Jahrhundert. Im Gegensatz zum restlichen Europa hinkte Deutschland in der Entwicklung der Nationalstaaten hinterher. Aus diesem Gefühl des „Zuspätkommens“ entwickelte sich das deutsche Verständnis von Heimat, in welchem unterschwellig bis heute die Angst vor dem Verlust der Heimat mitschwingt. Dieses Konstrukt dient zudem bis heute zur fatalen Abgrenzung gegenüber dem vermeintlich Fremden.
Heimat im Herzen
Heimat lässt sich heute nicht fassen, nicht begreifen, nicht ausstellen. Sie wird aber im Nachdenken, im Sprechen, im Reflektieren und besonders im Festhalten von Geschichten fassbarer. Über vierzig dieser Heimat-Erlebnisse bilden den Mittelpunkt der Ausstellung. In ihnen und den dazugehörigen Gegenständen, Gerichten, Bildern, Düften und Geräuschen konkretisiert sich eine individuelle Sicht auf die Heimat. Aus vielen unterschiedlichen Zeugnissen, von Jungen und Alten, von Deutschen und Ausländern wächst ein facettenreiches Heimat-Bild.
Heimat auf dem Teller
Viele Menschen wissen genau, wo die Heimat liegt: auf dem Teller. Heimatlichen Geschmackserinnerungen kann sich offenbar niemand entziehen. Selbst einem hart gesottenen Globetrotter aus Bayern, der seiner Heimat den Rücken kehrte und durch nichts in seinem Koffer an zu Hause erinnert werden wollte, wurde beim Geruch von Brezeln im tiefsten Südamerika warm ums Herz.
Heimat im Koffer
Migration, ein Phänomen aller Epochen, steht gegenwärtig im Fokus der Aufmerksamkeit. Viele Menschen, die im Laufe ihres Lebens den Ort verlassen, an dem sie aufgewachsen sind, nehmen dabei oft ein Stück Heimat mit. Je enger Gegenstände mit Verwandten oder Freunden verbunden sind, desto mehr scheinen sie sich dafür zu eignen, heimatliche Gefühle zu erwecken: das von den Eltern geschenkte, völlig untypische Kuscheltier, das Kochbuch mit den besten Rezepten von Mutter und Nachbarn, die eingemachten Gurken mit ganz eigenen, familienspezifischen Gewürzmischungen, das Notizbuch mit originellen Eintragungen von Freunden.
Heimat im Bild
Einige Dinge kann man nicht ausstellen. Deshalb zeigt die Ausstellung rund 40 Fotografien, die von Abensbergern angefertigt wurden. Sie geben einen individuellen Blick auf Heimat frei, sei es nun der Birnbaum des Elternhauses, ein vertrauter Weg oder der Gebetsteppich des Vaters.
Die Ausstellung lädt die Besucher ein, sich einmal selbst zu fragen, was für sie Heimat bedeutet. Wer mag, hat die Möglichkeit, auf Tellern oder Herzen seine Heimat zu einem Teil der Ausstellung zu machen. Zudem liegt ein Fragebogen des Schweizer Schriftsteller Max Frisch bereit, den jeder Besucher ausfüllen kann, um herauszufinden, was für ihn Heimat bedeutet.