Wehende Staubwolken, begeisterte Zuschauermassen und über die Bahn rasende Motorräder: Seit mehr als 80 Jahren ist Abensberg eine Hochburg des Motorsports.
Bereits in den 1920er Jahren nahmen mutige Abensberger an verschiedenen Rennen teil, etwa 1927 Hans Stark sen. am Oberjochrennen.
1928 gründeten sechzehn Automobilisten und Motorradfahrer den MSC Abensberg um den Motorsport zu fördern und die Interessen der motorisierten Mitglieder zu vertreten.
Das Stadtmuseum Abensberg möchte mit der Sonderausstellung „Vollgas!“ ein wichtiges Kapitel der jüngeren Abensberger Kulturgeschichte aufzeigen. Vor Spargel und Judo war Abensberg in erster Linie durch die Sandbahnrennen des MSC Abensberg überregional bekannt.
Nach dem Umbau des Abensberger Sportplatzes zu einer Sandbahn auf Initiative des Abensberger Bauunternehmers Josef Stanglmeier im Jahre 1949 avancierte Abensberg in den 1950/60ern zu einer Hochburg des deutschen Speedwaysports mit Europameisterschafts- und Weltmeisterschaftsläufen sowie zahlreichen Länderkämpfen.
15 000 bis 20 000 Zuschauer verfolgten in der Blütezeit der Rennen „die Eigenwilligkeit eines Hinterrades, staubige Duelle sowie Favoritenstürze“ (O-Ton Ufa-Wochenschau vom 4.6.1963).
Das sportliche Aushängeschild Abensbergs war Lokalmatador Josef Hofmeister. „Wack“ war dreimal Europameister auf der Sandbahn, das erste Mal im Jahre 1958. Zudem nahm er als erster deutscher Fahrer an einem Speedway-Weltmeisterschaftsfinale im Londoner Wembley-Stadion teil.
Die Ausstellung zeigt die Entwicklung des Abensberger Motorsports von seinen Anfängen bis in die Gegenwart. Aus der Vorkriegszeit sind eine NSU 500, die einem Gründungsmitglied des MSC Abensberg gehörte, sowie eine Wanderer 616, damals die Oberklasse bei den Motorrädern, zu sehen. Daneben kann die erste Rennmaschine des jungen „Wack“, sowie die Langbahnmaschine, mit der er 1958 die erste Europameisterschaft in Mühldorf gewann, bestaunt werden. Ausschnitte aus Originalwochenschauen der 1950er und 1960er Jahre und Interviews ehemaliger Speedwayfahrer vermitteln das Flair der damaligen Rennen.
Abgerundet wird die Ausstellung durch zahlreiche Fotos, Trophäen und Rennplakate.
Die Ausstellung war vom 24.07.2008 bis zum 5.01.2009 im Stadtmuseum Abensberg zu sehen.
Vom Panzer auf die Rennmaschine
Am 6.10.1919 wurde in Arnhofen Joseph Seidl geboren. Er war mit Josef Kamper, Fritz Dirtl, Josef Seidl und Wack Hofmeister einer der Sandbahnheroen der 1950er und 1960er. Von 1952 bis 1967 schrieb Seidl Bahnsportgeschichte.
Betrachtet man die Fotos aus dieser Zeit, so fällt der etwas ältere Herr mit zerfurchter Stirn unter den restlichen, noch sehr jugendlichen Fahrern durchaus auf. Erst mit 32 Jahren begann Seidl überhaupt mit dem Bahnsport nachdem er in München, anlässlich des Oktoberfestes, ein Rennen besucht hatte. Im Vergleich dazu: Josef Hofmeister fuhr bereits als vierzehnjähriger seine ersten Rennen.
Seidl gehörte der Generation an, welcher der 2. Weltkrieg die Jugend und somit auch sportliche Entwicklungsmöglichkeiten beraubt hatte. Als hochdekorierter Panzersoldat geriet er in russische Gefangenschaft aus der er erst 1949, vier Jahre nach Kriegsende zurückkehren konnte.
Seidl begann seine Karriere bei kleineren Rennen und arbeitete sich langsam in die Spitze der Fahrer vor. Er war bei seinen Kollegen und besonders bei den Nachwuchsfahrern als „harter“ und besonders willenstarker Fahrer bekannt. Als seinen größten sportlichen Triumph bezeichnete Seidl selbst, obwohl er etwa auch 1958 in Abensberg einen Weltmeisterschaftslauf gewonnen hatte, den Gewinn des Goldhelmes von Pardubice, welches als schwerstes und gefährlichstes Rennen der damaligen Zeit galt. Auf der 2400 Meter langen Graspiste erreichte er einen Rundenrekord von mehr als 143 km/h auf einem speziell für dieses Rennen mit zwei Streben verstärktem Motorrad. Die Leistung Seidls bei diesem 16,8km langen Rennen kann man vielleicht einschätzen, wenn man bedenkt, dass selbst heute noch der inoffizielle Rekord auf einer Grasbahn lediglich bei 143,74 km/h liegt, der jedoch nicht bei einem Rennen gefahren wurde.
Sepp Seidl verunglückte am 1. Mai 1967 beim Straubinger Sandbahnrennen auf der dortigen 1000-Meter-Trabrennbahn. Der Siebenundvierzigjährige wurde mit einer schweren Wirbelsäulenverletzung ins Krankenhaus eingeliefert und musste mehrere Wochen lang in einem Streckverband liegen. Auch hier versuchte er mit seinem Willen den Körper zu überwinden und entließ sich selbst frühzeitig aus dem Krankenhaus. Zwei Tage später erlitt er jedoch einen Herzinfarkt und musste sich wieder in ärztliche Behandlung begeben. 1970 versuchte er in Rotterdam einen Comeback-Versuch den er jedoch wegen zu starker Rückenschmerzen aufgeben musste.
Sepp Seidl errang während seiner aktiven Zeit über 1000 Siege und beste Platzierungen war Deutscher Meister und verstarb in München. In der Ausstellung „Vollgas! 80 Jahre Motorsport in Abensberg“ sind Bilder sowie Filmausschnitte von Sepp Seidl zu sehen. Die Ausstellung ist noch bis zum 5. Januar 2009 in Abensberg zu sehen.